Gestern in meiner Bankfiliale am Kundenschalter. "Ich hätte bitte gerne ZWEI Kalender, einen für mich und einen für meine Mutter." Blankes Entsetzen schallte mir entgegen: "Zwei wollen Sie? Das geht nicht, das geht auf keinen Fall!" AHA. Ich: "Warum geht das nicht? Es ging ja bis jetzt immer?" "Ich darf pro Kunden nur EINEN Kalender geben." Ich: "Soso? Dann passt es ja. Denn ich bin Kundin und meine Mutter ist Kundin." Die Blanke-Entsetzen-Frau konterte natürlich sofort: "Na dann muss ihre Mutter halt herkommen, um den Kalender abzuholen!!" Ehrlich gesagt, fiel es mir sehr schwer, in dieser Situation nur AHA zu denken, was ich ja in meinen Büchern gerne empfehle.
"Meine Mutter ist 92 und wohnt in einem Seniorenheim," brachte ich noch halbwegs friedvoll heraus ..."Schon lange habe ich die Vollmacht ihrer Bank, um die finanziellen Angelegenheiten für meine Mutter erledigen zu können." Diese Erklärung hat nicht genützt! "Sie können nur EINEN Kalender von mir bekommen! Pro Kunde nur EINEN!!" Ich (mit ansteigendem Ärger): "Wir sind doch ZWEI Kunden.! Hören sie mir eigentlich zu??"
Jetzt bemerkte ich in meinem Gegenüber auffallend gerötete Wangen, auch die Stimme wurde schriller: "Ich habe Anweisung nur EINEN Kalender pro Kunde abzugeben!! Also entweder sie nehmen den
einen, oder keinen!" Mir reichte es jetzt. Deswegen kramte ich meine ZWEI Scheckkarten aus der Börse und hielt sie meinem Spiegelbild vor die Nase: "Hier, schauen sie! Das sind zwei Scheckkarten
für zwei Kundinnen ihres Institutes! Reicht das jetzt für zwei Kalender? Oder soll ich die alte Frau mit einem Fahrtendienst holen lassen, damit sie den ihr zustehenden Kalender hier in Empfang
nehmen kann?" Ganz kurz fiel mir ein Zucken im Gesicht meines Gegenübers auf ... ganz kurz hielt sie inne ... und dann: "Wissen sie was? Ich mache mit ihnen jetzt eine Ausnahme (!), aber nur,
weil ich nicht streiten möchte!" Dann drückte sie mir salbungsvoll wütend zwei der heiß begehrten Objekte in die Hand ... So blieb mein allerletztes Vorhaben in dieser Geschichte ungenützt, denn
ich hätte mir den Filialleiter holen lassen. Punkt. Was sagte mir dieses Erlebnis im Spiegel betrachtet? ->
Wann immer wir es angesichts eines Spiegelbildes mit heftigen Emotionen zu tun haben, gibt es ein "Geschenk" abzuholen. Es handelt sich um jene Eigenschaft, die uns am meisten und am
unangenehmsten auffällt. In meinem Fall:
Mein Gegenüber blieb stur, strikt und unerbittlich bei der Anweisung ihres Vorgesetzten. Sie hielt sich daran, und zwar fast bis zum Äußersten! Sie traute sich
nicht, davon abzuweichen, obwohl es ja bewiesen war, dass es sich um ZWEI Kundinnen handelte.
Aha. ICH halte mich in einer bestimmten Angelegenheit stur, strikt und unerbittlich an die Vorgaben ... die ich MIR SELBST auferlegt habe! Offenbar bin ich zu brav? Ich gehorche
Regeln, anstatt sie zu revidieren und neu zu definieren!
Natürlich ist mir bewusst, dass die obigen Eigenschaften zu meinen Stärken zählen. Ich bin beharrlich, wenn ich ein Ziel im Auge habe. Ich bleibe bei meiner Meinung und vertrete sie. Und - ich
liebe meine innere Struktur, meine Bodenständigkeit! Trotzdem gibt es einen Bereich in meinem Leben, wo diese Eigenschaften nicht angebracht sind. Das zeigte mir die Blankes-Entsetzen-Frau am
Kundenschalter. Danke dafür!
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Roswitha Rhomberg (Donnerstag, 12 November 2015 11:47)
" ...na denn, wirklich jede Achtung vor Deiner Ruhe. In der Sekunde dieses "flexilosen-bängster-ausgerichteten-FrauUnwesenVerhaltens hätte ich beide Konten stehenden Fußes aufgelöst und hätte mich einem besseren BankWesen zugewendet. Ich finde es auf jden Fall großartig, WIEsehr Du mit Deiner Art und Weise diesem "unbewußten" Wesen Grenzen aufgezeigt hast und ihr gleichzeitig einen Impuls gegeben hast, daß sie sich ihres freien Willens - auch innerhalb der Kontrolle - wieder bewußt geworden ist. Klasse liebe Christa ...
Aber ich wäre nicht ich - ich glaube, ich hätte nach der Entgegennahme der 2 Kalender diese vor ihr zerschnipselt - alle 2 und hätt`mich gefreut für 3 !
einfachChrista (Freitag, 13 November 2015 10:25)
Liebe Roswitha,
danke dir für deinen Kommentar. So geht halt jeder anders mit solchen Situationen um, deine gefällt mir auch :-)